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Kölner Dom: Glas schützt Glas

Kölner Dom: Glas schützt Glas
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Historische Glasmalereien sind Kunstwerke, die unter Wind und Wetter besonders leiden. Eine neue entspiegelte Außenschutzverglasung bewahrt gefährdete Fenster des Kölner Domes nicht nur vor solchen und anderen Beanspruchungen. Dank einer maßgeschneiderten interferenzoptischen Beschichtung minimiert sie zudem Reflexionen und bietet eine unverfälschte Sicht auch aus ungünstigem Betrachtungswinkel.

Mit Fenstern aus sieben Jahrhunderten besitzt das Weltkulturerbe Kölner Dom einen der größten Bestände historischer Glasgemälde überhaupt. Die ältesten darunter stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert, darunter der lückenlos erhaltene Königszyklus im Chorobergaden, der den Chorraum wie eine gläserne Hülle umgibt. Solch gläserne Kunstwerke erfüllen nicht nur inhaltliche und dekorative Aufgaben. Als Fenster müssen sie zugleich den Lichteinfall in einen Innenraum gewähren, diesen nach außen abschließen und vor Wind und Regen schützen.

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Typischer Betrachtungswinkel historischer Fassaden (2018), Foto: Schott AG, Laura Seitz
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Was das bedeutet, zeigt der allgemein schlechte Zustand historischer Farbverglasungen. Das gilt auch für die Fenster des Kölner Domes. Bei deren Wiedereinbau nach dem Zweiten Weltkrieg wurde deutlich, dass sie eine kontinuierliche Wartung und Instandsetzung benötigen würden. Dafür wurde 1953 die Glasrestaurierungswerkstatt der Dombauhütte als dauerhafte Institution eingerichtet, in der zur Zeit zehn Glasmalereirestauratoren, Glasmaler und Kunstglaser arbeiten.

Vom Werden und Vergehen: Glasgemälde sind stets gefährdet

Bei der Konservierung und Restaurierung von Glasmalereien gilt es, deren Herstellung sowie deren Beanspruchung und die damit verbundenen Schadensprozesse zu verstehen. Ein traditionell gefertigtes Glasgemälde besteht hauptsächlich aus Glas, dessen Bemalung und Blei. Farbige Gläser werden einzeln nach Schablonen in Form geschnitten, mit einer dunklen Glasmalfarbe (Schwarzlot) bemalt und im Ofen gebrannt. Dann werden sie mit schmalen Bleiruten eingefasst, die miteinander verlötet und zu einer figürlichen oder ornamentalen Komposition verbunden werden. Dabei ist die Größe einer einzelnen Scheibe aus Stabilitätsgründen begrenzt, sodass sich die Farbverglasung eines Fensters aus mehreren einzelnen Segmenten zusammensetzt.

Die Restaurierung solcher Objekte, vor allem die Reinigung geschädigter Oberflächen mit fragiler Bemalung, ist heikel. Es sind nicht nur Staub und Schmutz zu entfernen, sondern gegebenenfalls auch Korrosionsprodukte, gealterte Klebstoffe und andere Konservierungsmaterialien, Mörtel- und Kittreste oder mikrobielle Beläge. Ein Reinigungskonzept setzt eine sorgfältige Objektuntersuchung voraus, in der Regel unterstützt von naturwissenschaftlichen Analysen.

Festzuhalten ist: Glasmalereien sind substanziell dauerhaft gefährdet. Dies beginnt bei den Glasoberflächen, die empfindlich auf Wasser und wässrige Lösungen reagieren. Das gilt selbst für modernes Glas, weit mehr jedoch für mittelalterliche Gläser. Deren hoher Kalzium- und Kaliumgehalt setzt zwar die Glasschmelztemperatur herunter, vermindert aber auch die Härte und Witterungsbeständigkeit. Beschleunigt wird dies durch aggressive Schadstoffe aus der Umgebungsluft, vor allem Schwefeldioxid. Als Folge entstehen Ablagerungen, die mittelalterliche Gläser trüben oder gar völlig verdunkeln können.

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Belag von Korrosionsprodukten auf der Außenseite. Auflicht (links) und Durchlicht (rechts), Foto: © Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte Köln, Glaswerkstatt
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Auch die Bemalung eines Fensters bleibt davon nicht verschont. Zwar befindet sie sich hauptsächlich auf der Innenseite und ist der Bewitterung deshalb nicht unmittelbar ausgesetzt, jedoch greift Kondenswasser die Malfarben, lineare Konturen sowie modellierende Lasuren und Überzüge, an. Diese zersetzen sich zunehmend und fallen schließlich ab. So kann die künstlerische Aussage eines Fensters gänzlich verloren gehen, selbst bei neuzeitlichen Glasmalereien.

Die Außenschutzverglasung – ein notwendiger Eingriff

Die wichtigste Schutzmaßnahme für historische Glasmalereien ist daher eine Außenschutzverglasung. Sie wird anstelle der Originalfenster in die Laibungsnut eingebaut und übernimmt fortan die bautechnische Aufgabe als Klimascheide. Das Glasgemälde wird mit einigen Zentimetern Abstand innenseitig so vor die Schutzverglasung montiert, dass die notwendige Luftzirkulation stets gewährleistet ist. Dies bedeutet einen herben Eingriff in die Gestaltung gerade von gotischen Bauten wie dem Kölner Dom, denn die Bleiverglasung, die gliedernde Eisenkonstruktion der Fensteröffnung und die umgebende Laibung des Steinwerks gehören zum unverwechselbaren Außeneindruck.

Eine Außenschutzverglasung ist daher immer ein Kompromiss. Doch ist ihr Einbau die einzig wirksame Maßnahme, um historische Glasmalereien zu erhalten und vor weiteren substanziellen Verlusten zu bewahren. Auch die Wirksamkeit einer aufwändigen Restaurierung und die Lebensdauer eingesetzter Materialien wie etwa Klebstoffen werden verlängert. Zudem schützt die Verglasung vor mechanischen Beanspruchungen durch Windlasten, Schall- und Druckwellen bei Konzerten, Vandalismus oder auch Feuerwerkskörpern. Nicht zuletzt bedarf auch die Haltekonstruktion eines Fensters des Schutzes. Dies gilt zum Beispiel für die Chorobergadenfenster des Kölner Domes, die mit der mittelalterlichen, handgeschmiedeten Standeisenkonstruktion noch über eine authentische Befestigung für die Bleiverglasungen verfügen.

Um für solche Zwecke Schutzgläser anbringen zu können, ist der Aufbau einer Unterkonstruktion nötig. Dazu wurde im Falle der Chorobergadenfenster 2003 ein System mit Klammer- und Spreiztechnik eingesetzt, das kein Anbohren von umgebenden Bauteilen erfordert. Diese Unterkonstruktion ist von außen montiert und bildet die mittelalterliche Haltekonstruktion mit modernen, witterungsbeständigen Materialien und Schraubverbindungen nach. Sie verdeckt zwar je nach Blickwinkel kleine Teile des steinernen Gewändes sowie die mittelalterliche Eisenkonstruktion. Die Hauptansicht vom Innenraum her bleibt jedoch unverändert, denn die originale Verglasung bleibt in ihrer ursprünglichen Position.

Schutzglas beeinflusst auch die ästhetische Wirkung

Für die Funktionalität von Schutzverglasungen hat ihre optische Gestaltung keine ausschlaggebende Bedeutung. Sie muss dicht und die Belüftung richtig konzipiert sein. Ihre Außenwirkung ist jedoch eine wichtige ästhetische Frage. So gibt es Schutzverglasungen als Bleiverglasung mit Rechteck- oder Spitzrautenverbund oder einem der Originalverglasung entsprechenden Linienverlauf. Diese Bleilinien sind jedoch auch von innen, durch das Original hindurch, zu sehen und können das Gesamtbild stören.

Der Kölner Dom erhielt 1980 seine erste Schutzverglasung. Dombaumeister Wolff hatte sich dabei bewusst für monolithische Scheiben entschieden – eine rein technische Lösung, die den Blick auf das dahinter befindliche Original zulässt, sodass sich dem Betrachter der Zweck der Schutzverglasung unmittelbar erschließt. Die am Dom eingesetzten Float-Verbundsicherheitsgläser haben jedoch den Nachteil, dass sie ungebrochen reflektieren.

 

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Schutzverglasung mit herkömmlichem Float-VSG vor dem Achsfenster im Erdgeschoss des Chores; deutliche Spiegelung an der Glasoberfläche, Foto: Glaswerkstatt
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Für die Schutzverglasung der mittelalterlichen Chorobergadenfenster, die von weither sichtbar sind, wurde jedoch von Beginn an, also seit 2003, ein entspiegeltes Glas gewählt. Die Spiegelungen des Himmels und der benachbarten Gebäude sowie die je nach Sonnenstand wandernde Verschattung durch die Strebepfeiler sollten soweit wie möglich gemildert werden. Das über viele Jahre dafür verwendete Antireflexglas war jedoch seit 2014 nicht mehr erhältlich. Auf der Suche nach Ersatz sollte auch eine Lösung für ein spezielles Problem gefunden werden: Die Chorobergadenfenster sind 17 Meter hoch, werden in 27 Meter Höhe eingesetzt und bieten von unten einen extrem steilen Betrachtungswinkel. Dabei entstehen bei allen gängigen Antireflexgläsern Restreflexionen, die sich farblich stark bemerkbar machen – je nach Hersteller blau, grün oder bronzefarben.

Für den Einsatz auf Schutzgläsern ist die Frage der größtmöglichen Farbneutralität der Antireflexschicht ästhetisch äußerst wichtig. Dies war daher ein wesentliches Anliegen, als Dombaumeister Dipl.-Ing. Peter Füssenich, Dr. Ulrike Brinkmann und Glasermeister Peter Decker von der Dombauhütte Köln im April 2016 bei der Schott AG vorsprachen. Die Glasexperten in Grünenplan, die auf die Anfertigung von Architekturgläsern mit speziellen Antireflexbeschichtungen spezialisiert sind, erhielten den Auftrag, ihr interferenzoptisches Entspiegelungssystem so zu optimieren, dass bei einem Betrachtungswinkel von etwa 45 Grad die Restreflexionsfarbe möglichst unauffällig und der Gesamtreflexionsgrad möglichst gering sind.

Bester Blick mit angepasster interferenzoptischer Entspiegelung

Schutzverglasungen werden vom menschlichen Auge wesentlich durch die Reflexion des Lichtes an der Glasoberfläche wahrgenommen. Je höher der Reflexionsgrad, desto spiegelnder – im Falle der Schutzverglasung störender – wirkt daher die Oberfläche. Entscheidend ist dabei, dass mit höherem Reflexionsgrad der Grad der Transmission, also der Lichtdurchlässigkeit, sinkt. Dadurch erscheint die Originalverglasung hinter dem Schutzglas dunkler, sowohl in der Betrachtung von außen als auch aus dem Gebäudeinneren. Strahlende Farben von Glasmalereien und farbigen Gläsern wirken blasser. Der visuelle Reflexionsgrad ist zudem winkelabhängig. Er beträgt bei nicht entspiegelten Gläsern bei einem Betrachtungswinkel von 90 Grad rund 8 Prozent, bei einem Betrachtungswinkel von 45 Prozent jedoch schon etwa 13 Prozent. Auch der Farbeindruck ändert sich je nach Winkel und entsprechendem Reflexionsgrad.

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Köln, Dom, Bemusterung interferenzoptisch entspiegelter Schutzverglasungen, August 2015
Bemusterung interferenzoptisch entspiegelter Schutzverglasungen (August 2015), Foto: Schott AG, Ulrich Huber
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Um nun die störenden Reflexionen bei Schutzverglasungen zu senken und die Transmission zu erhöhen, eignet sich ausschließlich das Verfahren der interferenzoptischen Entspiegelung. Dabei wird ein komplexes System mehrerer Entspiegelungsschichten unterschiedlicher Dicken und Brechungsindices aufgebracht. Üblicherweise sind solche Entspiegelungssysteme auf einen Betrachtungswinkel von 90 Grad zur Glasoberfläche ausgerichtet. Dies senkt den visuellen Reflexionsgrad auf nur noch rund ein Prozent, optimiert auch die Reflexionsfarben und ist bei den meisten Anwendungen wie etwa bei Schaufenstern, Displays, Bilderverglasungen oder Vitrinen sinnvoll. Der Betrachtungswinkel für Schutzverglasungen an historischen Gebäuden weicht jedoch regelmäßig deutlich von 90 Prozent ab. Bei einem Blickwinkel von rund 45 Grad auf ein Obergadenfenster am Kölner Dom, betrachtet vom Roncalliplatz aus, zeigen selbst interferenzoptisch entspiegelte Musterverglasungen verschiedener Hersteller erkennbar hohe Reflexionsgrade und intensive Reflexionsfarben.

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links: Schott Amiran Heritage protect; rechts: entspiegelte Schutzverglasung alten Typs, Fotos: Schott AG, Carsten Costard
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Zur Optimierung des Entspiegelungssystems entwickelte Schott unterschiedliche Designs der Entspiegelungsschichten. Nach einer Vorauswahl durch die Mitarbeiter der Dombauhütte erfolgte die Fertigung einseitig entspiegelter Gläser auf Basis eines eisenoxidarmen Floatglases in drei Millimetern Dicke. Auch hier war eine erneute Anpassung der Schichtparameter notwendig. Diese Gläser wurden danach zum Verbundsicherheitsglas mit 0,76 Millimetern starker PVB-Folie verarbeitet und im Einbauzustand vor historischen Verglasungen am Dom bewertet. Eine wesentliche Rolle spielte dabei der optische Eindruck bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen und Witterungssituationen. Letztlich entschieden sich die Auftraggeber für ein Schichtsystem, das unter Abwägung aller Faktoren das beste Ergebnis in Bezug auf Gesamtreflexionsgrad und Restreflexionsfarben erzielte. Deutlich erkennbar sind die hohe Transmission und die nur sehr dezente Restreflexionsfarbe. Die hinter der Schutzverglasung liegende Originalverglasung ist unverfälscht wahrnehmbar. Im Frühjahr 2018 erhielt das erste Chorobergadenfenster am Kölner Dom die neue Schutzverglasung Schott Amiran Heritage protect. Weitere Fenster sollen folgen.

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Text: Felix Busse, Ulrich Huber

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