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Fensterhaus und Flaschenhaus, Nepal

Fensterhaus und Flaschenhaus, Nepal
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Die Non-Profit-Organisation Supertecture erweiterte 2018 die PATRIZIA School in Dhoksan, Nepal. Jedes Klassenzimmer entwarfen die jungen Architekten und Architektinnen als ein individuell errichtetes Gebäude aus verschiedenen lokalen, traditionellen Naturbauweisen wie Stampflehm, Bambus, Ziegel und Naturstein. Aber sie fokussierten sich nicht nur auf lokale Bauweisen, sondern auch auf erdbebensicheres Bauen. Denn: Eines der vier Gebäude besteht aus Fenstern von durch Erdbeben zerstörten Häusern.

Der Anlass, das Material Glas zu verwenden, war in diesem Fall leider kein schöner. Im Jahr 2015 sind in Nepal bei einem verheerenden Erdbeben fast eine Million Gebäude zerstört worden. Dank des Teams von „Supertecture“ landete aber nicht alles auf einer Müllhalde als Bauschutt. Die jungen Architektinnen und Architekten versuchten zu retten, was zu retten war, und konnten zumindest einige der Fenster wiederverwenden.

 

 

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Die Non-Profit-Organisation Supertecture wurde vom Architekten Till Gröner gegründet und besteht aus einer internationalen Gruppe von Architekten und Architektinnen. Gröner hatte gleich nach seinem Studium in Berlin an gemeinnützigen Projekten mitgewirkt, zum Beispiel an einem ökumenischen Kirchen-Moschee-Bau in Ruanda. Das Gebäude erregte daraufhin international Aufmerksamkeit und bestärkte Gröner in seinen Vorhaben. Er glaubt an die „Strahlkraft der Architektur“, wie er in unserem Gespräch erläutert (siehe auch Baumeister 10/2020). Das sei der Antrieb von Supertecture. Denn Architektur, mit der sich die Menschen vor Ort identifizierten, weil sie auf ihre jeweiligen Bedürfnisse eingehe, und die mit schöpferischem Einsatz von einfachsten Materialien attraktiv, langlebig und nachhaltig sei, ermögliche eine Resonanz auf zweierlei Weise. Einerseits kann medienwirksame Architektur Spenden, soziale Projekte oder Touristen mobilisieren. Andererseits kann sie weitere notwendige Projekte ermöglichen – etwa den Bau von Kindergärten.

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Das Fensterhaus aus recycelten Fenstern

Nepal war einige Zeit lang neben Tansania einer von zwei Haupteinsatzorten von Supertecture. In nepalesischen Bergdorf Dhoksan plante die Gruppe unter anderem das Fensterhaus. Es gehört zu einer ganzen Reihe von vier „Klassenzimmer-Häusern“ der „Shree-Shila-Devi“-Grundschule. Im Erdgeschoss ist eine kleine Bibliothek untergebracht, wobei das Obergeschoss als Unterrichts- und Versammlungsraum dient, und hier ist auch Platz zum Spielen. Talwärts wurde am Fensterhaus eine kleine Rutsche angebracht, über die die Kinder auch hinausrutschen können, wenn sie möchten.

 

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Nach dem Erdbeben wurde das Fensterhaus aus 700 geretteten Fenstern zusammengebaut. Für das Tragwerk sorgt das sogenannte SAL, das sagenumwobene Holz eines tropischen Baums, unter dem der Legende nach Buddha geboren und gestorben ist. Die Holzart hat sich in der Region bewährt, da sie extrem witterungs- und termitenresistent ist.

Das gesamte Schulprojekt von Supertecture wurde vor einem Jahr mit dem BDA-Preis für junge Architekten „Max40“ ausgezeichnet. Die Jurorin Antje Voigt zeigte sich beeindruckt: „Vier neue Räume für eine Grundschule in Nepal, in Form und Reihung bewusst reduziert auf den Archetypus Haus, in der Materialisierung geprägt vom Experimentieren mit vier grundverschiedenen rezyklierten Materialien: Ist das gute Architektur oder ästhetischer Eklektizismus?, fragte sich die Jury. Der Verfassertext und die Projektfotos antworten selbstbewusst (und in bester Tradition von Alison und Peter Smithson): Das – offenbar lustvolle – Ausloten der Möglichkeiten lokal verfügbarer Baustoffe entspringt nicht gestalterischem Selbstzweck, es dient als Vehikel zur Aneignung der Aufgabe, des Ortes und seiner Mittel. Es (re-)aktiviert die Bautradition und die Bereitschaft der Anwohner, am Bau mitzuwirken. Der Schulbau wird zur Bauschule. Er schafft aus Vergangenem neue Lebensräume, die ihrerseits im Ergebnis eine Vielzahl von ‚Anhaltspunkten‘ zur weiteren aktiven Aneignung (etwa durch Beklettern, Besitzen, Beschaukeln, Befüllen, und Befühlen) für die jungen Nutzer bieten. Das Projekt verbindet klare gestalterische Entscheidungen in allen Maßstäben, gute Räume, materialspezifische Konstruktionen, sozial-ökonomisch-ökologische Nachhaltigkeit, Nutzer-Ermächtigung und sinnliches Begreifen. Ist das gute Architektur? Ja, und zwar mit Anerkennung!“, so Antje Voigt.

 

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Das Flaschenhaus aus recycelten Bierflaschen

Supertecture baut derzeit außerdem eine gemeinnützige Gästeunterkunft in Dhoksan. Alle 1.000 Bewohner der Region sollen nach Fertigstellung im kommenden April die genossenschaftlichen Eigentümer des Bauwerks werden. Das Ziel des Teams ist, mit der Lodge und ihrem einzigartigen Blick auf den Himalaya Touristen anlocken und damit die lokale Wirtschaft anzukurbeln.

 

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Das Flaschenhaus ist ebenfalls gerade im Bau und wird eines der beiden Badezimmer der „Community Lodge“ beherbergen. Die Unterkunft besteht aus insgesamt sieben Bereichen, darunter zwei Schlafzimmer, zwei Bäder, Küche und Terrasse.  Alle Bereiche sind auch wieder in einzelne Häuser unterteilt, die mit unterschiedlichem Material in unterschiedlicher Bauweise ausgeführt sind. Nur das neue Flaschen-Bad ist als einziger Bauteil zweigeschossig, da im Erdgeschoss noch ein kleiner Wirtschaftsraum eingerichtet wird.

 

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Wie auch beim Fensterhaus verwendet das Team nur recycelte, lokale, nachwachsende und umweltfreundliche Baustoffe. So hat man beim Flaschenhaus 30.000 grüne Bierflaschen aus dem Müll gerettet. Die Genossenschaft erhält ohnehin kein Pfand für sie, denn Glasflaschen werden in Nepal als wertlos betrachtet und einfach weggeworfen.

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Internationale Arbeit in Pandemiezeiten

Auch die Mitglieder von Supertecture leiden unter den Einschränkungen, die Reisenden wegen Covid auferlegt werden. So mussten sie ihre Projekte teilweise ruhen lassen und nach Hause zurückkehren. Dabei ist Reisen für sie essenziell, da sie „architektonische Potenziale“ aufspüren und Geldgeber für weitere Projekte finden wollen.

Derzeit zählen etwa 50 Architekten zu der wachsenden Familie von Supertecture. Die Organisation sorgt für etwas, das in vielen Architekturbüros fehlt: die Leidenschaft. „Supertecture bietet jungen Leuten an: ‚Baue deine eigene, kleine Architektur.‘ Und sie gehen darin auf “, weiß Till Gröner. „Du fasst sie bei ihrem Stolz, den wir als Architekten und Designer in uns tragen. Aus dieser Leidenschaft bauen wir eine Plattform, die Leuten anbietet, soziale und gleichzeitig forschende und hochgradig umweltfreundliche Architektur zu bauen.“ Jedes Team von Architekten betreut sein Projekt sechs Monate lang, bis es ein neues ablöst.

Das Team konzentriert sich unter anderem auch deshalb auf die beiden Wirkungsorte Nepal und Tansania, damit es langfristig in einem Dorf oder einer Stadt planen kann, und so tatsächlich auch ein Wandel stattfindet. „Wir haben an beiden Orten versprochen, dass wir jetzt erstmal für immer bleiben“, lacht Gröner: „Das heißt, wir können tiefe Beziehungen aufbauen und aus unseren Fehlern und Erfolgen lernen. Die Menschen vor Ort können sich darauf verlassen, dass wir immer wieder kommen.“

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Ein Buch zum Fensterhaus gibt es hier (ISBN: 978-3-949199-04-2). Der Preis von 25 Euro dient einem guten Zweck.

Auch zum Flaschenhaus soll ab April 2022 ein Buch erscheinen.

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Text: Sabine Schneider

Fotos: Supertecture

Mehr zum glasstec 2022-Trendthema „Resources“ finden Sie hier.

glasstec 2022 – erfahren Sie hier mehr zur Messe, Ihrer Anmeldung und dem Rahmenprogramm.

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