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Glasbausteine: ein Klassiker mit langer Tradition

Glasbausteine: ein Klassiker mit langer Tradition
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Glasbausteine wecken Erinnerungen an die 1960er- und 1970er-Jahre. Doch eigentlich sind die quaderförmigen Bauteile viel älter. Sie haben sogar eine lange Tradition. Auffällig ist neuerdings, dass sich wieder namhafte Architekten mit Glasbausteinen beschäftigen, und so einige faszinierende Projekte entstehen.

Baumaterial für lichtdurchlässige Wände

Bereits in den 1880er-Jahren entwickelte der Schweizer Architekt Gustave Falconnier Glasbausteine. Seitdem sind die quaderförmigen Bauteile in vielen verschiedenen Gebäuden zu finden. Zu den bekanntesten Bauwerken gehören das Glashaus von Bruno Taut in Köln aus dem Jahr 1914 und das Immeuble Molitor in Paris von Le Corbusier. In Paris steht auch das Maison de Verre (1928) von Pierre Chareau, das sich zu einer Art „Wallfahrtsort“ für Architekten entwickelt hat. Aber auch das Haus Ishihara im japanischen Osaka von 1978 und die Eingangsrotunde der Berliner Gemäldegalerie aus den späten 1980er-Jahren leben vom Charme der Glasbausteine.

Glasbausteine gelten als Baumaterial, das sich zur Konstruktion von lichtdurchlässigen und nichttragenden Wänden im Innen- und Außenbereich eignet. Die gläsernen Steine können aber auch waagerecht angeordnet werden. Dann bilden sie, zusammen mit Beton und Stahl, eine Art Glasstahlbeton, der als Boden auch begehbar ist.

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Blick auf ein Gebäude, das fast vollständig aus Glasbausteinen besteht. Pierre Chareau, Maison de Verre, Paris, Foto: August Fischer, CC BY-ND 2.0, via flickr

 

Pierre Chareau, Maison de Verre, Paris, Foto: August Fischer, via flickr

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Glasstein-Varianten

Glasbausteine oder auch Glassteine, Hohl-, Voll- und Betonglasbausteine sind quaderförmige Glaskörper. Ihre Lichtdurchlässigkeit macht sie zu einem Baustoff, der generell transluzente, aber nicht zwingend durchsichtige Wände und Decken erzeugt. Grundsätzlich unterscheiden sich Glasbausteine zwischen einseitig offenen, massiven Steinen und hohlen Glasbausteinen. Sie alle lassen jedoch das Licht durch.

Darüber hinaus haben die Steine heute auch schall- und wärmeisolierende Eigenschaften. Sie bilden also einen Mittelweg zwischen Wand und Öffnung: Glasbausteine verbinden den Eindruck von einem soliden, festgefügten Mauerverband mit der Wirkung von Fenstern. Strukturierte oder ornamentierte Oberflächen der Steine können aber auch lediglich eine schützende Transluzenz bewirken, ohne dass man direkt hindurchsehen kann, auch wenn der Raum dahinter mit Kunstlicht beleuchtet ist.

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Foto: Anh Tuan To via Unsplash
Foto: stux, via Pixabay
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Einbau nach DIN-Normen

Moderne Glasbausteine bestehen aus zwei miteinander verschmolzenen oder verkitteten Halbschalen, die jeweils aus Pressglas bestehen. Dementsprechend sind die Glasbausteine hohl oder als Vollbaustein konzipiert. Eine Wand aus Glasbausteinen wird ebenso wie Mauerwerk mit Mörtel aufgemauert. Bei großen Serien oder für große Flächen werden allerdings eher Fertigteilelemente verwendet. Deren Stabilität wird durch Bewehrungsstähle gesichert, die in die Fugen integriert sind. Die Tiefe der Steine beträgt üblicherweise acht bis zehn Zentimeter. Gibt es hohe Anforderungen an die Wärmedämmung oder den Brandschutz, sind auch Stärken bis zu 16 Zentimeter lieferbar. Dazu kommt heute eine große Auswahl an verschiedenen Farben und Schattierungen.

DIN-Normen schreiben für das Mauern mit Glasbausteinen Zementmörtel vor. Dabei darf höchstens 20 Prozent des Zementanteils durch Kalkhydrat oder Trass ersetzt werden, da damit die Verarbeitbarkeit verbessert werden kann. Durch die Verwendung von Zementmörtel entsteht ein steifer Verbund, der kaum Temperaturspannungen aufnimmt. Deshalb sollte eine mit Glasbaustein gestaltete Fläche ein rechteckiges Format haben. Darüber hinaus benötigt die Fläche ein umlaufendes Band aus bewehrtem Beton. Wichtig ist es, die Fläche aus Glasbausteinen unbedingt von den umgebenden Bauteilen durch eine elastische Fuge zu trennen.

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Blick auf eine Häuserzeile mit drei Häusern, wovon das mittlere viele Glasbausteine enthält. Le Corbusier, Immeuble Molitor, Paris, Foto: I, Sailko, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

 

Le Corbusier, Immeuble Molitor, Paris, Foto: I, Sailko, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Erste Berühmtheiten mit Glasbausteinen

Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden massive Glasbausteine zur Belichtung von Kellern verwendet. Damals waren es vornehmlich geschnittene Glasquadrate und Glasprismen, die verbaut wurden. Zu ihrer Befestigung dienten Eisenrahmen. Doch noch konnten sich diese Bauweise nicht durchsetzen, da Kondenswasser eine Rostgefahr für die Rahmen darstellte. Erst nach der Erfindung von eisenarmiertem Beton durch Joseph Monier im Jahr 1867 und nach der Optimierung maschineller Glaserzeugung im Jahr 1903 avancierte der Glasbaustein zu einem flächendeckenden Baumaterial.

Bereits 1880 hatte der Architekt Gustave Falconnier aus Frankreich einen mundgeblasenen sechseckigen Glasbaustein entwickelt, den ein geschmolzener Glaspfropfen luftdicht verschloss. Ein Beispiel für die Steine findet sich in der Sammlung des MoMA in New York. Vor allem aber mit dem Aufkommen der Moderne fanden Glasbausteine vermehrt Anwendung in der Architektur. Insbesondere in den 1920er-Jahren halfen die gläsernen Steine, die kompakte, von Beton und Eisen dominierte Bauweise aufzubrechen. Bekanntestes Beispiel hierfür ist wohl das Maison de Verre in Paris (1928) von Pierre Chareau. Aber auch das Molitor-Gebäude (1931–1934) von Le Corbusier und Pierre Jeanneret erlangte Berühmtheit durch die großflächige Verwendung von Glasbausteinen. Le Corbusier wohnte selbst in diesem Gebäude. Dort arbeitete er auch in seinem Studio. Mittlerweile zählt das restaurierte Gebäude zum Unesco-Weltkulturerbe.

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Blick auf die Fassade eines Gebäudes mit gerasterter Fassade, dessen Flächen mit Glasbausteinen gefüllt sind. Stadtbibliothek Stuttgart, Foto: Marcel Strauß via Unsplash

 

Eun Young Yi, Stadtbibliothek Stuttgart, Foto: Marcel Strauß via Unsplash

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Ära der Glasbausteine

Wer in Deutschland an Glasbausteine denkt, dem fallen oft Bauten aus den 1960er- und 70er-Jahren ein. In dieser Zeit dienten Glassteinwände vorwiegend zur Belichtung von Treppenhäusern oder Badezimmern. Nachdem die gläsernen Steine lange im Trend lagen, verschwanden sie später aus dem Fokus. Insbesondere die veränderten energiepolitischen Anforderungen führten dazu, dass der Glasbaustein an Bedeutung verlor. Er zog sich als architektonisch prägendes Material zurück.

Heute kommen Bausteine aus Glas jedoch wieder vermehrt vor. Viele Architekten haben sie als gestalterisches Mittel wiederentdeckt – derzeit hauptsächlich in Innenräumen. Denn trotzdem es sogenannte Wärmedämmsteine gibt, weisen Glasbausteine verhältnismäßig schlechte Dämmeigenschaften auf.

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Blick in die Kuppel der Eingangsrotunde der Gemäldegalerie in Berlin. Hilmer und Sattler, Gemäldegalerie in Berlin, Kuppel der Eingangsrotunde, Foto: T meltzer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

 

Hilmer und Sattler, Gemäldegalerie in Berlin, Kuppel der Eingangsrotunde, Foto: T meltzer, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

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Wiederkehr der Glasbausteine

In Japan hat der Bau mit Glasbausteinen eine andere Bedeutung. Hier stießen Wände aus diesen Steinen auf besonderes Interesse, da sie an traditionelle Shoji-Trennwände erinnerten. Wände aus Glasbausteinen überführten sozusagen eine alte japanische Baukunst in die moderne Bautechnik. Ein Beispiel dafür ist das Haus Ishihara in Osaka, das Tadao Ando im Jahr 1978 baute. Die Atmosphäre im Haus lebt maßgeblich von der weichen Lichtstimmung, der Transluzenz gerader und gekrümmter Glassteinwände.

Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts sieht man Glasbausteine auch wieder vermehrt in öffentlichen Gebäuden. So zieren zum Beispiel Pyramiden aus Glasbausteinen den Platz neben dem Stadttheater in Basel (1984). Aber auch die Kuppel über der Eingangsrotunde der Berliner Gemäldegalerie von Hilmer und Sattler aus dem Jahr 1998 beeindruckt durch eine geometrisch anspruchsvolle Konstruktion aus Glasbausteinen.

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Blick auf ein Hochhaus, das zur hälfte aus orange leuchtenden Glasbausteinen besteht. Renzo Piano, Maison Hermès, Tokio, Foto: japanese_craft_construction, CC BY 2.0, via flickr

 

Renzo Piano, Maison Hermès, Tokio, Foto: japanese_craft_construction, via flickr

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Mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts setzt sich die internationale Wiederentdeckung des Glasbausteins in der Architektur fort. So griff auch Renzo Piano das Material beim Entwurf des Maison Hermès in Tokio auf, das 2006 entstand. Aber auch in der 2008 bis 2011 errichteten Stuttgarter Stadtbibliothek am Mailänder Platz von Eun Young Yi spielen die Bausteine aus Glas in der Fassade die Hauptrolle. Ein weiteres zeitgenössisches Beispiel für den Einsatz von Glasbausteinen sind die von von Grzywinski + Pons entworfenen Buckle Street Studios.

Ein Bauwerk von kleinerem Maßstab, ganz aus Glasziegeln, ist der Qaammat Fjeld Pavilion. Die UNESCO beauftrage den schwedischen Architekten Konstantin Ikonomidis mit der kleinen Architektur an Grönlands Küste. Entstanden ist ein Pavillon auf einem tief im Stein verankerten Stahlgeländer, das zwei geschwungenen Wände trägt, die aus eigens für das Projekt entwickelten Glasziegeln gemauert sind. Mehr zu den Ziegel und wie diese halten, lesen Sie hier: Qaammat Fjeld Pavilion

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Konstantin Ikonomidis, Qaammat Fjeld Pavilion, Grönland, Foto: Julien Lanoo
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Glasbausteine heute

Bausteine aus Glas haben sich in den vergangenen Jahren von einem technisch-funktionalen Baumaterial zu einem modernen architektonischen Gestaltungselement weiterentwickelt. Waren es früher eher funktionale Betongläser, werden Glasbausteine heute eher in nicht tragenden, vertikalen Wandelementen verbaut. Nach wie vor steht dabei die Lichtdurchlässigkeit im Vordergrund.

Aufgrund der heutigen Herstellung aus zwei gläsernen Halbschalen, die erhitzt und anschließend aufeinander gepresst werden, entsteht im Innern des Steins ein Vakuum. Dieses ermöglicht, dass Glasbausteine mittlerweile auch Wärme speichern und Schall dämpfen können. Auch hinsichtlich Farbe, Form und Oberflächen sind zahlreiche Ausführungen und Varianten zu finden. Sie alle geben dem transluzenten Baustoff einen innovativen und beinahe geheimnisvollen Charakter, der inzwischen viele Architekten wieder fasziniert.

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Text: Juliane von Hagen

Titelbild: Pyramidenplatz, Basel, Foto: Valentin F.R., via flickr

Mehr zum glasstec 2022-Trendthema „Value“ finden Sie hier.

glasstec 2022 – erfahren Sie hier mehr zur Messe, Ihrer Anmeldung und dem Rahmenprogramm.

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