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Krankenhaus San Raffaele in Mailand, der Eisberg

Krankenhaus San Raffaele in Mailand, der Eisberg
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Das Ospedale San Raffaele in Mailand ist Italiens größtes Privatkrankenhaus. Nun sollten seine chirurgischen und Notfalldienste zentralisiert werden. Mit dem Neubau beauftragten die Eigentümer zum ersten Mal ein renommiertes Architekturbüro. Die anspruchsvolle Aufgabe mit hohen Zielen zur Energieeffizienz hat das Büro Mario Cucinella Architects souverän gemeistert.

Das San-Raffaele-Krankenhaus ist über die Grenzen Italiens hinaus als bedeutende Institution bekannt. Es vereint wissenschaftliche Forschung, Lehre sowie einen umfangreichen Klinikbetrieb. Die bestehenden, sehr unterschiedlich gearteten Bauten auf dem großen Areal liegen am östlichen Rand des Mailänder Stadtzentrums. Sie stammen hauptsächlich aus den 1970er- und 1980er-Jahren und wirken mehr oder weniger zusammengewürfelt. Ab 2012 wurde ein Sanierungsprozess des dicht bebauten Geländes eingeleitet. Im Zuge dessen entstand nun der Neubau von Mario Cucinella Architects. Er bildet das Herzstück und den neuen Mittelpunkt in dem Komplex.

Mario Cucinella wollte Ruhe in das heterogene Umfeld bringen. Deshalb entschied er sich nicht für einen spektakulären Turm, sondern für eine ruhige, schneeweiße, scheinbar schwebende Figur. Sie gleicht einem scharfkantigen Eisberg. Tatsächlich hat der Bauherr darauf bestanden, den Spitznamen „L‘Iceberg“ am Eingang des Gebäudes anzubringen. In einem Interview mit dem „Baumeister“ meint Mario Cucinella dazu: „Der ganze Krankenhaus-Komplex ist eine wahre Ansammlung von Stilen und Epochen. Das uns zugewiesene Grundstück war zuvor von allen technischen Anlagen des Komplexes belegt, was angesichts der zentralen Lage natürlich schade war. Es war also notwendig, diese zu verlagern. Eine ziemlich aufwendige Aufgabe aufgrund des 24-Stunden-Betriebs. Von Anfang an war die Position unseres Gebäudes etwas beengt. Die geschwungene Form ist als Reaktion darauf zu verstehen. Als ob die umliegenden Gebäude sie allseitig ein wenig eingedrückt hätten.“

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Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Foto: Duccio Malagamba
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Eisscholle auf dunklem Grund

Das zehn Geschosse hohe Universitäts-Krankenhaus übernimmt die Funktion einer hochspezialisierten Notaufnahme und erweitert die Patientenversorgung um 284 Betten. Im weißen Bauteil sind die Patientenzimmer untergebracht. Seine leicht und durchlässig wirkende Vorhangfassade wird über die fünf Geschosse durch senkrechte Keramiklamellen strukturiert. Der Sockel ist dagegen mit dunklen Keramikplatten verkleidet, um als Kontrast den Anschein einer gewissen Schwere zu erzeugen. Das Sockelgeschoss nimmt zu ebener Erde die Notaufnahme auf – übrigens die größte in Italien. Außerdem sind hier Praxen und weitere Dienstleistungen untergebracht. Die beiden Untergeschosse beherbergen 20 OPs, darunter zwei neurochirurgische Stationen. Die Planungsphase des Gebäudesockels sei besonders interessant gewesen, meint Cucinella, „weil wir eng mit allen Chefärzten des Krankenhauses zusammengearbeitet haben. Es gab zahllose Besprechungen zur allgemeinen Organisation, bei denen wir alle Details – die Größe einer Trage oder eines Wagens, den Zeitplan für Notfälle und so fort – besprochen haben. Dieser Prozess dauerte etwa vier Jahre.“

Der simple, fast quadratische Grundriss des 40.000 Quadratmeter umfassenden Gebäudes ließ eine sorgfältige Trennung der Erschließung zu. Dadurch spart er dem Personal Zeit und Wege. Außerdem finden sich getrennte Zugänge für Personal und Besucher sowie – seit Covid relevant – für infizierte Patienten. „Außerdem kann ein Schwerverletzter heute innerhalb von 35 Sekunden nach seiner Ankunft in den Operationssaal gelangen“, erläutert Cucinella. „Zuvor dauerte es etwa 60 und 80 Sekunden.“ Das Krankenhaus verfüge zudem über einen zentralen Kern, in dem die gesamte vertikale Bewegung des Personals stattfinde, führt Cucinella weiter aus. Aufzüge, die näher an der Außenhaut des Gebäudes liegen, sind den Besuchern vorbehalten. Was die einzelnen Krankenstationen betrifft, so war es einerseits ein Anliegen von Bauherren und Planern, für eine gute Übersicht zu sorgen, um die Bedürfnisse der Patienten im Blick zu behalten, andererseits den Bettlägrigen etwas Privatsphäre zu garantieren.

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Patientenzimmer in einem Krankenhaus, Wände und Einrichtung sind hellgrün, bodentiefe Fenster lassen Licht in den Raum. Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Foto: Duccio Malagamba
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Farbe zur Orientierung

Die spitzen Ecken der Stockwerke sind als separate, wohnlich gestaltete Zimmer den Patienten und ihren Besuchern vorbehalten. Diese Empfangsbereiche für Externe profitieren von der großzügigen Verglasung und dem weiten Ausblick über die Stadt. Zur besseren Orientierung gibt es im Inneren zudem ein Farbleitsystem. „Ästhetisch hätten wir uns neutralere Farbtöne gewünscht“, gesteht Cucinella. „Aber in Bezug auf die Kommunikation ist es ein sehr effektives System, das muss ich zugeben. Außerdem hatte sich das Krankenhauspersonal bereits intensiv mit der Beziehung zwischen Farbe und Psychologie befasst. So sind die Lobbys weiß geblieben, während die Zimmer grün und die Korridore aprikosenfarben gestrichen sind. Alle Farben wurden nach dem Sehkomfort ausgewählt, den sie den Patienten bieten.“

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Zum Fassadenaufbau

Die Glasfassade war ein weiteres, wichtiges Anliegen des Architekten. Denn so viel Tageslicht wie möglich zählte Mario Cucinella zur obersten Priorität. Nicht nur um die Genesung der Patienten zu unterstützen, sondern auch um die anstrengende Arbeit des Personals mit vielen Überstunden angenehmer zu gestalten. Die Lamellen-Schicht vor der Fassade hat zum Ziel, den Wärmeeintrag im Gebäude zu reduzieren, indem das direkte Sonnenlicht gestreut wird. Die Keramiklamellen variieren demnach in ihrer Tiefe entsprechend dem Sonnenverlauf, um die bestmögliche Verschattung zu bieten. Im Herstellungsprozess wurde die Keramik zum Schluss mit einer Titandioxidschicht versehen, die den Feinstaub in der Luft in Salz umwandelt, das durch Regen abgewaschen wird. Das Gebäude sei also eine Art Luftreiniger, meint Cucinella und wirft ein, „was natürlich in einer Stadt wie Mailand seine Grenzen hat – sie weist ja eine sehr hohe Luftverschmutzung auf.“

Obwohl es nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist, bestehen 60 Prozent der Außenhaut aus opaken Dämmpaneelen. Sie steigern die Energieeffizienz des Gebäudes und senken den Strombedarf erheblich. Aufgebaut sind diese Paneele aus einer schwarz bedruckten Glasscheibe mit einer Dämmschicht dahinter. Die transparenten Glasflächen sind ebenfalls leicht bedruckt, um etwas mehr Privatheit und eine gewisse Verschattung zu erreichen.

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Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Foto: Duccio Malagamba
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Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Foto: Duccio Malagamba

Fassadendetail, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

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Nachhaltiger bauen

Mario Cucinella erklärt seine Auffassung von Nachhaltigkeit bei dieser Aufgabe so: „Wir arbeiteten mit dem klaren Ziel eines gut gestalteten Gebäudes, das vor allem komfortabel für alle Nutzer ist. Ein Gebäude, das wenig Energie für das Heizen, die Wärmerückgewinnung und das Kühlen benötigt.“

Die Wahl der Materialien wie die Keramik für die Lamellen sollte es zum Beispiel ermöglichen, dass manche Bauteile eine aktive Rolle spielen, ohne Energie zu benötigen. Beim Innenausbau konzentrierte man sich auf leicht zu reinigende Oberflächen, um nicht nur Zeit, sondern auch Reinigungsmittel zu sparen. In Betracht gezogen wurden selbstverständlich auch die Wiederverwertbarkeit und der Herstellungsprozess dieser Materialien. Zudem wurden alle Abläufe in der Klinik auf Müllvermeidung untersucht. Außerdem darauf, wie trotz des enorm energieaufwendigen 24-Stunden-Betriebs im Krankenhaus Energie gespart werden kann. Abschließend resümiert Cucinella: „Natürlich ist ein Krankenhaus nach wie vor eine energieintensive Maschine, mit ständig laufender Klimaanlage und sehr komplexen Belüftungssystemen. Aber wir wollten zeigen, dass sie im Bereich der Nachhaltigkeit noch viel verbessern kann, insbesondere durch ihre Architektur.“

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Grundriss Erdgeschoss, Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

Grundriss Erdgeschoss, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

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Grundriss 1. Obergeschoss, Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

Grundriss 1. Obergeschoss, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

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Grundriss 2. Obergeschoss, Mario Cucinella Architects, Ospedale San Raffaele, Mailand, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

Grundriss 2. Obergeschoss, Zeichnung: Mario Cucinella Architects

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Schnitt, Zeichnung: Mario Cucinella Architects
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Text: Sabine Schneider

Fotos: Duccio Malagamba

Bauherr: IRCCS Ospedale San Raffaele

Architekten: Mario Cucinella Architects, Bologna/Mailand

Mitarbeiter: Mario Cucinella, Marco Dell’Agli, Giulio Desiderio, Michele Olivieri; Emanuele Dionig, Martina Buccitti, Alberto Menozzi, Laura Mancini, Giuseppe Perrone, Matteo Donini, Lello Fulginiti, Daniele Basso

Energieplanung: Andrea Rossi

Modelle: Yuri Costantini, Ambra Cicognani, Andrea Genovesi

Wettbewerb: Eurind Caka, Stefano Bastia

Fassadenplaner: Aza Aghito Zambonini Srl

Tragwerkplanung: Ballardini Studio di Ingegnaria

HLS: InAr Ingegneria Architettura; Deerns Italia SpA

Brandschutz: Ranieri Studio Tecnico Associato

Fertigstellung: 2021

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